Die Ausbildung zum Sexualpädagogen ESSP® findet in einem modularisierten, berufsbegleitenden Setting statt. Einer der Ausbildungsorte ist die Philosophisch-Theologische Hochschule Heiligenkreuz, wo die ESSP® im Rahmen des LBI gelehrt wird. Im Rahmen dieser Fortbildung können ETCS erworben werden.
Zielgruppe
Der Studien- und Fortbildungsgang Entwicklungssensible Sexualpädagogik ESSP® richtet sich an Pädagogen, Lehrer, Sozialarbeiter, Jugendreferenten, Pastoren sowie Fachleute aus den Bereichen der Pädagogik, Psychologie, Medizin.
Voraussetzung für den Studiengang
- Pädagogische und/oder sexualpädagogische Erfahrung im Haupt- oder Ehrenamt.
- Die Bereitschaft zur Selbsterfahrung und zur Reflexion der eigenen Geschlechtlichkeit und Sexualität.
- Die Bereitschaft, unterschiedliche Konzepte von Geschlecht und Sexualität kennen- und reflektieren zu lernen.
- Die Bereitschaft für eine prozessorientierte, im Ergebnis offene Bildung.
Einsatzbereiche
Jugendgruppen, Jugend- und Kinderfreizeiten, Kindergarten, Schule, Bildungseinrichtungen, Jugendarbeit, Jugendhilfe, Familie, Gemeinde, Beratung etc.
Volumen der Studien- und Fortbildungsgangs ESSP®
Der Studien- und Fortbildungsgang ESSP® ist ein umfasst 10 Module und schließt mit einem Zertifikat und Abschlusszeugnis ab. Pro Modul können 3 Creditpoints nach dem ECTS – System erworben werden. Insgesamt können 30 ECTS erworben werden, die in weiterführenden Studiengängen angerechnet werden können. Jedes Modul umfasst 26 Einheiten (UE) und wird jeweils mit einer Modulprüfung abgeschlossen. Jedes Modul wird ergänzt durch 15 UE Online-Tutorium, sowie Selbststudium von Ausgewählter Literatur und Studienreadern und 5 UE Praxisreflexion und Selbsterfahrung. Im Rahmen der Abschlussarbeit entwickeln alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Praxisprojekt, das in einer Abschlussarbeit in Theorie und Praxis beschrieben wird.
Der Studien- und Fortbildungsgang endet mit einem Kolloquium. Nach erfolgreichem Abschluss sind die Absolventinnen und Absolventen berechtigt die Bezeichnung „Sexualpädagogin/Sexualpädagoge ESSP®“ zu führen.
Modul I: Psychologie der Sexualität
Was lerne ich?
Sexualität im Menschen hat etwas mit den Bereichen Lust, Fruchtbarkeit aber auch Bindung zu tun. So bewegt der Mensch im Augenblick von Sexualität nicht nur Lust, er erlebt auch viele Motive, die etwas mit seiner Person und seiner Geschlechtlichkeit zu tun haben und die etwas mit seinem Beziehungserleben zu tun haben. In jedem Lebensalter bewegt der Mensch in seiner Sexualität andere Motive. So gestalten junge Menschen Sexualität entlang anderer Motive, als ältere Menschen. Für die selbstverantwortete Gestaltung der Sexualität ist das Erkennen eigener Motive entscheidend. – Ebenso zeigt die Psychologie, dass die Sexualität dem Menschen viele nicht- sexuelle, psychische Fähigkeit abverlangt. Der Mensch muss im Moment der Sexualität zwischen eigenen, autonomen Bedürfnissen und den Bedürfnissen eines anderen balancieren. Weil das manchmal mit Freude und manchmal mit Frustration verbunden ist, braucht der Mensch emotionale und kognitive Fähigkeiten, um mit beidem umzugehen. – Daneben werden genetische, hirnorganische, hormonelle, wie bindungspsychologische Aspekte beleuchtet, die ein Licht auf die Entwicklungspsychologie der Sexualität werfen. (u.a.m.)
Was soll dadurch klar werden?
Es soll verstanden werden, dass der Mensch mit der Sexualität neben dem Lusterleben noch andere Dimensionen anstrebt anstrebt. So zeigt die Psychologie der Sexualität wie Leib, Identität und Bindung in der Sexualität zusammenspielen können. Vor allem für Menschen, die sich in einer sensiblen Entwicklungsphase befinden (z.B. Pubertät) werden viele Fragen, die die eigene Person oder die Beziehungserwartungen betreffen, unbewusst in die Sexualität ausgelagert. Will der Mensch seine Sexualität bewusst leben und gestalten, dann braucht er Kenntnis über diese verborgenen Motive in der Sexualität. Dies schützt ihn vor Übergriffen, aber auch vor einer Suchtanfälligkeit, erhöht in ihm aber vor allem die Kompetenz, seine Sexualität auch in anderen Lebensphasen verstehen und gestalten zu können.
Modul II: Selbsterfahrung - Auseinandersetzung mit dem eigenen geschlechtlichen und sexuellen Gewordensein und Grundlagen künftiger sexualpädagogischer Professionalität
Was lerne ich?
Wer Sexualpädagogin oder Sexualpädagoge wird, der betritt einen Bereich der Bildung, in dem persönliche Lebensfragen und eigene Lebensentwürfe eine Rolle spielen. Damit ist eine eigene Geschichte verbunden und eigene Wertvorstellungen. Gleichzeitig treffen sexualpädagogische Handelnde nicht nur auf Menschen, die über Geschlechtlichkeit und Sexualität etwas wissen wollen. Für sie ist das Wissen immer auch mit eigenen Lebensfragen verbunden. Daher ist es für den Sexualpädagogen wichtig, dass er sich selbst und sein geschlechtliches und sexuelles Gewordensein kennt und sich seiner eigenen Entscheidungen bewusst wird. – In der Selbsterfahrung geht es dann aber auch um die Frage, ob ich offen für Veränderungen bin, vor allem dort wo ich Gefahr laufe, anderen Entwicklungsmöglichkeiten zu nehmen oder wo ich Angesichts eigener schlechter Erfahrungen Dinge auf andere übertrage und sie dadurch evtl. in ihrer Entwicklung nicht mehr ergebnisoffen begleiten kann?
Modul III: Philosophie und Theologie; Konzepte der Moralentwicklung und ihr Zusammenhang mit Sexualität
Was lerne ich?
Geschlechtlichkeit und Sexualität ist nicht nur ein psycho-soziales Phänomen. Mit jeder Entscheidung für ein bestimmtes sexuelles Handeln ist auch ein Menschenbild verbunden und in der Folge, ethische Vorstellungen, wie Sexualität oder Geschlechtlichkeit gelebt werden sollte. – Es werden daher unterschiedliche anthropologische Konzepte von Sexualität und Geschlechtlichkeit vorgestellt, wie sie in einer pluralen Gesellschaft vorkommen. – Gleichzeitig wird gefragt, ab welchem Alter Menschen solche Konzepte verstehen können. Wie man mit anthropologischen und ethischen Konzepten in der Sexualpädagogik arbeiten kann und wie junge Menschen sich ergebnisoffen und selbstverantwortet, einen eigenen anthropologischen und ethischen Standpunkt für ihre Geschlechtlichkeit und Sexualität erarbeiten können.
Modul IV: Entwicklungssensibilität und Sexualität; kognitive und emotionale Entwicklung des Menschen und Einfluss der Entwicklung auf das Erleben und Verstehen von eigener Sexualität und Geschlechtlichkeit
Was lerne ich?
Kinder erleben und verstehen Geschlechtlichkeit und Sexualität anders als pubertierende Jugendliche und diese erleben beim Thema anderes als Erwachsene. – Im Modul werden Forschungen zu diesem Bereich vorgestellt. Zentral geht es aber um die Vermittlung von Konzepten, die der Sexualpädagogin und Sexualpädagogen helfen, sich das Verstehen von Geschlechtlichkeit und Sexualität in verschiedenen Lebensaltern auf der Basis von Theorie selbst zu erschließen. Praxisübungen sollen dann die sexualpädagogische Anwendung dieses entwicklungssensiblen Wissens konkretisieren.
Modul V: Jugend und Sexualität I - Entwicklung von Sexualität im Jugendalter und Sozialisation; entwicklungspsychologische Veränderungen des Jugendalters und ihr Einfluss auf Sexualität und Geschlecht; die Rolle von Freundschaften; frühe romantische Beziehungen; etc.
Was lerne ich?
Die Begleitung von jungen Menschen ab der Pubertät ist für Sexualpädagoginnen und Sexualpädagogen zentral. Daher muss er den Jugendlichen in den verschiedenen Entwicklungsstufen der frühen, mittleren und späten Adoleszenz im Kontext seiner emotionalen, kognitiven und bindungspsychologischen Seite verstehen. Er muss aber auch verstehen, dass der Jugendliche ab der Pubertät mit sich selbst, seinen Veränderungen, sowie einer großen Anzahl von sozialen Anforderungen zu ringen hat. Da ist nicht nur seine körperliche und sexuelle Entwicklung, sondern da sind auch gesellschaftliche Vorstellungen, wie Geschlecht und Sexualität zu leben ist, welche Beziehungen einzugehen sind, wie man die Phase der sexuellen Reifung durchleben muss. – Der Sexualpädagoge braucht daher Einblick in diese Prozesse und Kenntnisse, wie er innerhalb dieser vielschichtigen Prozesse die Integration von Geschlechtlichkeit und Sexualität begleiten kann. Dabei geht es um praktische Frage, wie der Herausbildung der sexuellen Orientierung, der sexuellen Identität. Es geht um Fragen der ersten Partnerwahl, des ersten Verliebtseins. Es geht um die Begleitung dann, wenn Beziehungen nicht gelingen, etc. – All das ist Gegenstand des Moduls.
Modul VI: Jugend und Sexualität II - Motive der Sexualität im Jugendalter; Risikosexualität; Pornografie und Hypersexualität; etc.
Was lerne ich?
Junge Menschen haben unterschiedliche Motive, die sie aufgrund ihrer Entwicklung mit Sexualität verbinden. So zeigen Forschungen u.a., dass einige Jugendliche Sexualität nutzen, um die Intimität zwischen sich und einem Partner zu erhöhen. Andere leben Sexualität aber, weil sie mit sich nicht klarkommen, weil sie Lebensängste haben oder weil sie bestimmte Beziehungen nicht verlieren wollen. – Will man jungen Menschen zu einer selbstbestimmten Sexualität helfen, dann muss man pädagogisch Wege finden, um sie in Bezug auf ihre eigenen, inneren Fragen sprachfähig zu machen. Da die Sexualpädagogin und der Sexualpädagoge im pädagogischen Handlungsfeld auch auf junge Menschen treffen, die gesundheitliche Risiken eingehen oder in Gefahr stehen, eine Schwangerschaft zu riskieren, werden Kenntnisse für diese Gruppen von Menschen vermittelt; ebenso zum Phänomen der Hypersexualität (Sexsucht), dem Gebrauch von Pornografie und dem Zusammenhang von Medien und Sexualität.
Modul VII: Integration Körper; Biologie-didaktischer Zugang zu Themen der körperlichen Entwicklung von Sexualität und Geschlecht
Was lerne ich?
In Bezug auf den Körper arbeitet Sexualpädagogik mit Formen der Information und Aufklärung über die biologischen Faktoren der Sexualität. Während für Sexualpädagoginnen und Sexualpädagogen viele Informationen zur Aufklärung zu Verfügung stehen, will das Modul besonders solche Formen in den Mittelpunkt stellen, die den jungen Menschen erlebnisbezogen und ganzheitlich in das Thema einführen. Neben der pädagogischen Ausleuchtung von Aufklärung geht es in diesem Modul auch um den Körper und wie der sich verändernde Körper in die Persönlichkeit integriert werden kann. Dabei macht man heute immer mehr die Entdeckung, dass Mädchen und Jungen an ihrem Körper leiden oder dass sie sich in Bezug auf ihren Körper an Idealen orientieren, mit denen sie sich oft überfordern. Der Sexualpädagoge braucht daher ein Wissen über Körperaneignung und pädagogische Wege, um junge Menschen bei der Körperaneignung positiv zu begleiten.
Modul VIII: Kindheit und Sexualität; Entwicklung von Sexualität im Kindesalter; mit Kindern über Sexualität reden; Begleitung der geschlechtlichen Entwicklung; Elternarbeit; etc.
Was lerne ich?
Kindheit und Sexualität ist einer der umstrittensten Bereiche in der derzeitigen sexualpädagogischen Diskussion. Deshalb müssen Sexualpädagoginnen und Sexualpädagogen die unterschiedlichen Ansätze und ihr wissenschaftliches Fundament kennenlernen. Und schließlich sollten sie auf der Grundlage von wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse Wege der sexualpädagogischen Arbeiten mit Kindern im Vorschul- und Grundschulbereich erarbeiten können. Da die geschlechtliche Entwicklung für Kinder unter 10 Jahren vor Fragen der Sexualität steht, wird in die Theorie und Praxis der Entwicklung von Geschlechtlichkeit einführt, wobei hier verschiedene, manchmal auch widerstreitende Konzepte vorgestellt werden.
Modul IX: Schutzaspekte (Kindschutz) und Sexualpädagogik, Trauma und Sexualität; etc.
Was lerne ich?
Kindschutz im allgemeinen und Schutz vor sexueller Gewalt ist heute ein wichtiges Thema der Sexualpädagogik. Der Inhalt des Moduls will zeigen, dass Kindschutz mehr ist, als das Wissen um Recht um Gesetz oder die Aufrichtung von Verfahren des Kindschutzes in Einrichtungen. Vielmehr soll es vor allem um die Frage der Prävention gehen. Welche Konzepte gibt es? Welche Konzepte schützen Kinder und Jugendliche langfristig? Und wie kann die Sexualpädagogin und der Sexualpädagoge mit solchen Konzepten in Instituten und mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Da sexuelle Gewalt nicht nur ein Thema zwischen Erwachsenen und Kindern ist, sondern auch die Beziehungen zwischen Kindern und Jugendlichen betrifft, sollen Arbeitsweisen für den Bereich sexuelle Übergriffe zwischen Kindern aufgezeigt werden.
Modul X: Sexualpädagogische Beratung von Jugendlichen nach dem Konzept der ESSP®
Was lerne ich?
Durch die Ausbildung werden bereits ein Fallkonzept für die sexualpädagogische Begleitung erarbeitet. Nun – im letzten Modul – soll das Fallkonzept auf die sexualpädagogische Beratung angewendet werden. Darunter verstehen wir die Arbeit in einer Situation von Berater und Klient oder Berater und Eltern, etc. Aufgezeigt werden anhand des vermittelten Stoffes, wie der Prozess einer sexualpädagogischen Beratung verläuft, was dessen Grundlagen sind und wo die Grenzen einer solchen Beratung liegen. Darüber hinaus wird in die Praxis des Beratungsgesprächs mit Kindern und Jugendlichen eingeführt.